Antrag „Hochwasserschutz“

Antrag:
Es wird beschlossen, den Magistrat zu beauftragen,
a)eine Konzeption/Machbarkeitsstudie, welche einen Maßnahmenvorschlag zur Reduzierung der Hochwassergefährdung im ganzen Stadtgebiet unter Berücksichtigung hydraulischer und ökologischer Erfordernisse zu erarbeiten
b)eine modifizierte und aktualisierte Planung für die Horloff zwischen Hof Grass und dem Seegebiet Trais-Horloff in das Synergienprogramm WRRL-Natura 2000 des Landes Hessen, welches für Renaturierungsprojekte in Natura 2000 Gebieten eine 100%-Finanzierung in Aussicht stellt, einzubringen und sich die 100%-Förderung zu sichern, um Retentionsräume im Rahmen von Renaturierungen zu schaffen
Um die Kosten gering zu halten, sollten überwiegend die der Verwaltung zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel, wie das Geografische Informationssystem (GIS), die im GIS enthaltenen amtlichen Grunddaten wie z.B. das Flurstückskataster, die Gewässerverläufe, die amtlichen Höhendaten und die gewässerbezogenen Datendienste des Landes Hessen, verwendet werden.

Begründung:
Die Stadtverordnetenversammlung hat am 10.09.2009 im Rahmen des Wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren für den Bau des Polder „Neumühle-Riedbach“ in der Gemarkung Hungen-Trais-Horloff (Vorlagen-Nr.: 2009/198) beschlossen, dem Nachtrag zur Genehmigungsplanung „Bauwerk Mehrfachdurchlass“ zuzustimmen und das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren Polder „Neumühle-Riedbach“ weiter zu betreiben und die Mehrkosten gemäß Anlage (Massen- und Kostenermittlung Anhang 1a) zu tragen und entsprechende Haushaltsmittel vorzusehen.
Der Nachtrag zum Antrag auf Genehmigung zum Bau des Polder „Neumühle-Riedbach“ wurde nach Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Hungen der zuständigen Genehmigungsbehörde des Regierungspräsidium Gießen Abteilung IV Dezernat 41.2 Mr weitergeleitet.

Zuletzt erfolgte im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss am 16.12.2013 eine Nachbesprechung der Begehung „Hochwasserschutz“ am 26.10.2013.
So ist im Protokoll dokumentiert „VA Battenfeld stellt die Sachstände der laufenden Planfeststellungsverfahren „Polder Inheiden/ Trais-Horloff“ und Naturnaher Gewässerausbau „Schaffung von Retentionsräumen und Ausleitung der Horloff östlich Hof Grass“ vor und informiert über bestehende Einwende der Deutschen Bahn. Fachbereichsleiter Weichmann erläutert die laufenden Gewässerunterhaltungsmaßnahmen (Ausmähen, Gehölzrückschnitt) am Riedbach.“

Im Rahmen einer Nachfrage erläutert Bürgermeister Wengorsch am 19.06.2012 im Haupt- und Finanzausschuss, dass für Maßnahmen die durch die Wasserrahmenrichtlinie, die hohe Kosten verursachen würden, zunächst die Förder-/Zuschussmöglichkeiten zu prüfen sind. Eine Berichterstattung über die Vorgehensweise bei kostenintensiven Maßnahmen werde nach Entwicklung eines Konzepts mit der Benennung von konkreten Einzelmaßnahmen erfolgen. Er führte weiter aus, dass bereits Maßnahmen an „Kleinstgewässern“vorgenommen wurden. Die Entwicklung des Konzeptes mit Benennung der konkreten Einzelmaßnahmen ist bisher der Stadtverordnetenversammlung oder dem Bau-, Planungs- und Umweltausschuss nicht vorgestellt worden.

Die zwei bisherigen Planungsvorhaben entlang der Horloff zwischen Hungen und der Eisenbahnbrücke am Seegebiet, die Polderplanung „Neumühle-Riedbach“ sowie die Renaturierungsplanung zur Beantragung von Fördermitteln aus dem Programm „naturnahe Gewässer“ erscheinen augenscheinlich keine optimalen Planungslösungen zu sein bzw. sind von der Entwicklung der letzten Jahre überholt worden.

Zu a)Die Polderplanung ist, nicht zuletzt aufgrund von Anforderungen der DB, extrem teuer geworden. Auch wird keinerlei Hochwasserschutz für die Kernstadt erreicht. Alles in allem ist die Effizienz der eingesetzten Mittel zweifelhaft.

Zu b)Die Renaturierungsplanung ist teilweise von der Realität überholt. Östlich von Hof Grass ist natürlicherweise eine Ausbuchtung der Horloff entstanden, welche zumindest teilweise die Funktion des geplanten Wehres übernimmt. Der erleichterte Übertritt würde zur regelmäßigen Überflutung des zwischenzeitlich angelegten Limesradwegs (Stichweg) sowie des Anodenfeldes der Erdgasleitung führen. Die Führung einer Flutmulde durch ein Grundstück in Privateigentum erscheint nicht realistisch.
Die derzeit angedachte Herauslösung des Wehres östlich Hof Grass aus der Renaturierungsplanung erscheint nicht umsetzbar, da die alleinige Umsetzung der Maßnahme die Hochwassersituation an der Neumühle verschlechtern könnte, da der Hochwasserabfluss aus dem Mairied nicht geregelt ist.

Hinsichtlich einer Neukonzeptionierung beider Planungen bietet sich folgende Vorgehensweise an:

a)Bei der Polderplanung bedarf es einer Neubetrachtung der Hochwassergefährdung im ganzen Stadtgebiet. Es sollte ein Konzept aus mehreren Maßnahmen sein, welches Hochwassersicherheit für die Kernstadt, für Hof Grass und für das Seegebiet erreicht. Zentrales Element ist eine Rückhaltung an der Horloff nördlich von Hungen. Weitere Maßnahmen an den Zuläufen sind zu prüfen. Es sollte lediglich so viel Hochwasserdurchflussvolumen durch Hungen nach Hof Grass bzw. in das Seegebiet gelassen werden, wie für die bebauten Bereiche unschädlich sind sowie auch für die Naturschutzflächen benötigt wird. Hier erscheint der Interessensausgleich ein Schlüsselfaktor für den Erfolg zu sein. Es sollte geprüft werden, inwieweit eine kleindimensionierte Rückhaltung südlich des Wasserwerkes in Verbindung mit kleineren Hochwassersicherungsmaßnahmen integriert werden kann.

Erster Schritt ist die Erstellung einer Konzeption/Machbarkeitsstudie, welche einen Maßnahmenvorschlag unter Berücksichtigung hydraulischer und ökologischer Erfordernisse erarbeitet. Um die Kosten gering zu halten, sollten überwiegend die der Verwaltung zur Verfügung stehenden Arbeitsmittel, wie das Geografische Informationssystem (GIS), die im GIS enthaltenen amtlichen Grunddaten wie z.B. das Flurstückskataster, die Gewässerverläufe, die amtlichen Höhendaten und die gewässerbezogenen Datendienste des Landes Hessen, verwendet werden.

b)Für Renaturierungen existiert derzeit das Synergienprogramm WRRL-Natura 2000 des Landes Hessen, welches für Renaturierungsprojekte in Natura 2000 Gebieten (welche den Schutzzielen dienen) eine 100 %-Finanzierung in Aussicht stellt (Planung und Umsetzung). Die Stadt Hungen hat solche Projekte (z. B. Hubbach) schon in der Umsetzung. Hier sollte versucht werden, eine modifizierte und aktualisierte Planung in das Programm einzubringen und sich die 100 %-Förderung zu sichern.

Die ggf. erforderlichen finanziellen Mittel sind über die bei der Investitionsnummer 31030000901 (Hochwasserschutzmaßnahmen) noch vorhandenen Haushaltsmitteln (lt. Bericht zum Haushaltsvollzug zum 31.10.2014 insgesamt 59.100,26 EUR) abzudecken.

Beratungsergebnis:
Der Antrag wurde in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 2. Juli 2015 bei 32 anwesenden Stadtverordneten einstimmig angenommen.