8. Juni 2015 – Thema ÖPNV

Auf die Eingangsfrage, wie zufrieden sie mit dem ÖPNV im Landkreis Gießen sei, antwortete Anita Schneider, dass man als Verantwortliche immer um Verbesserungen und Anpassungen an sich verändernde gesellschaftliche Verhältnisse bemüht sein müsse. Insbesondere der demographische Wandel führe in der gegenwärtigen Zeit zu großen quantitativen aber auch qualitativen Veränderungen, denen sich Politik und politische Handelnde zu stellen haben. Daher habe sie sich bei der Erstellung des Nahverkehrsplanes besonders um eine gleichmäßige Verteilung sowie eine gleichmäßige Entwicklung des ÖPNV in allen Teilen des Landkreises bemüht. Momentan sind die Nahverkehrspläne der Stadt Gießen und des Landkreises Gießen lediglich miteinander verknüpft. Sie werden sich aber zukünftig bemühen, einen Nahverkehrsplan für beide Gebiete zu entwickeln.

Der Nahverkehrsplan unterscheidet drei Kategorien, Stadt Gießen, Umland und ländlicher Raum. Anita Schneider betonte, dass es ihr in ihrer bisherigen Amtszeit gelungen sei, mehr Kreisgemeinden in die zweite Kategorie der Umlandgemeinden einzustufen und dort eine bessere ÖPNV-Versorgung zu erreichen. Zukünftig stelle sich vor allem die Aufgabe, alternative Lösungen für die Probleme des ÖPNV im ländlichen Raum zu finden. So sei der Einsatz von Ruftaxen weiterzuentwickeln. Für andere Lösungsansätze, insbesondere für die unterschiedlichen Generationen müsse man offen bleiben.

Pfarrer Lemp ging in seinem Beitrag von einem völlig anderen Ansatz aus. Er meinte, zur Lösung des Problems trage sicher eine Verringerung des Bedarfs nach ÖPNV bei. Den könne man erreichen, wenn man das Aushungern der Peripherie zum einen des Landkreises und zum anderen des Rhein-Main-Gebietes aufhalte. Es gelte, Arbeitsplätze zu Menschen zu bringen, damit sie gar nicht erst ihre Umgebung verlassen müssen. Gleichzeitig gelte es, Lernen nicht nur vor Ort, sondern auch länger gemeinsam zu ermöglichen, um auch so den immensen Bedarf nach Schülerbeförderung zu reduzieren. Es könne doch nicht Ziel einer verantwortlichen Gesellschaftsentwicklung sein, zentrale Ballungsräume zu fördern und Abertausende zu zwingen täglich unzumutbare Strecken zurückzulegen.

Christoph Fellner fragte dann nach den Kosten des ÖPNV und der Zukunft der Horlofftalbahn. Frau Schneider geht davon aus, dass sich die momentan moderaten Kosten sicher erhöhen werden. Allerdings sollte die Teilhabe auch der Bevölkerung des ländlichen Raums am sozialen und kulturellen Leben sowie der Klimaschutz uns das wert sein. Die Wiederinbetriebnahme der Bahnstrecke von Hungen nach Wölfersheim und in Fortsetzung nach Friedberg und Frankfurt hält Anita Schneider für die Entwicklung Hungens äußerst wichtig. Nach Fertigstellung des 3. Gleises zwischen Friedberg und Frankfurt sollte unbedingt diese Strecke wieder hergestellt werden.

Große Bedeutung hat der ÖPNV insbesondere für die Schulen. Christoph Fellner merkte an, dass die Gestaltung des ÖPNV zu spät auf Veränderungen im Schulleben reagiere. Hier scheint großer Handlungsbedarf zu bestehen. Der Landkreis Gießen unterstützt den Ausbau des Nachmittagsunterrichts. Dabei, so Landrätin Schneider, könne er nicht gleichzeitig den Halbtagsunterricht durch vermehrte Busfahrten in der Mittagszeit unterstützen. es sei nun einmal gesellschaftlich notwendig, das Nachmittagsangebot zu erweitern. Hier gelte es Prioritäten zu schaffen. Pfarrer Lemp plädiert eher für ein Wohnortnahes Bildungsangebot, um ÖPNV-Fahrten zu reduzieren. Gleichzeitig werde auch die soziale Gemeinschaft gestärkt, wenn man Leben und Lernen zu den Menschen bringe und nicht umgekehrt.

Zum Ende der Gesprächsrunde bedankte sich Christoph Fellner bei Landrätin Schneider und Pfarrer Lemp für die interessante und aufschlussreiche Unterhaltung mit einem kleinen Präsent. Die Gäste bat er, sich am kommenden Wochenende an der Wahl zu beteiligen.